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Warum ich nicht an einen persönlichen Gott glaube


1. Vorwort:
Ein "persönlicher Gott" meint einen Gott, der sich offenbart, der Gebete empfängt ,der eine Paradies hütet und mit Menschen "spricht". YHVH, Allah, Shiva etc. sind solche persönlichen Götter. Unpersönliche Götter wären bspw. der deistische oder pantheistische Gott, zu denen werde ich mich jetzt aber nicht äußern. Im wesentlichen werde ich mich auf soziologische, tiefenpsychologische und archäologische Aspekte beziehen (soweit auf stammesgeschichtliche Entwicklungen, also die "Phylogenese").

2. archäologisch:
Vieles, was man im Alten Testament findet, findet man bereits in älteren, polytheistischen Mythen. Die Erschaffung aus Lehm, durch Götter findet man im Enki-Ninmah-Mythos (sumerisch, ca. 4000 Jahre alt). Da erschaffen die Götter Enki und Ninmah die Menschen aus Lehm, damit den Göttern jemand das Bier braut. Klingt jetzt komisch, aber das Brot und das Bier hatten da den selben Entstehungsprozess. Banal ausgedrückt: lies man das Bier länger stehen, wurde es Brotteig. Bei diesem Schöpfungsmythos dabei, ist die Göttin Nin-Ti. Nin bedeutet Göttin/Herrin und Ti bedeutet Leben oder "Rippe".
Vor kurzer Zeit fand man nun auch einen ugaritischen Keilschriftmythos, der eine ganz andere Adam&Eva-Darstellung aufweist - ohne Sünde, aber Adam war darin "Gott der Erde".
Auch die Sintflut wird bereits in nahezu gleicher Weise, wie in der Bibel, im Gilgameschepos beschrieben (der älter ist, als die Bibel).
Auch aus Sumer/Babylon ist bekannt, das man da bereits die 7-Tage-Woche hatte, von 7 Himmeln sprach (vgl. Koran), einen Tag frei hatte ("Sabbath") usw.

Konkreter wird es nun beim Direktor des archäologischen Instituts von Tel-aviv, Israel Finkelstein (siehe "keine Posaunen von Jericho"). Darin wird anhand des archäologischen Befundes aufgezeigt, das Abraham und Moses Mythen sind, die erst zur Entstehungszeit der Bibel, also zwischen 8. und 5. Jhr, v.u.Z. entstanden, denn alle Orte und Ethnien, die im Zusammenhang mit den beiden beschrieben werden, entstanden erst ab dem 8. Jhr. (Stadt Ai, Begriff Chaldäer etc.). Zudem zeigt er auf, das David nicht nennenswertes erobern konnte (den da war laut archäologischen Befund nichts, außer ein paar kleinen Dörfchen) und das Salomon keine Tempel baute, da diese Quadersteintechnik von den (biblisch verhassten) Omriden des Nordreiches verwendet wurde, was nicht ganz mit der Zeit Salomons übereinstimmt.
Gleichzeitig aber zeigt er auch auf außerbiblische Stellen, die Bibelstellen als richtig darstellen. So So haben wir Befunde, das es das „Haus David“ gab, das Hasael von Aram-Damaskus da war usw.
(wenn nähere Ausführungen dazu gewünscht werden ,bitte anfragen)
Jetzt was konkretes: Finkelstein (u.a.) zeigen auf, das die israelitische, insbesondere aber dann die deuteronomistische „Jahwe-Allein-Bewegung“ aus dem polytheisten Gott El dann ihren Elohim schuf. Elohim ist der majestätische Plural von El (dem kanaanitätischen Obergott). YHVH nannte er sich erst ab Bund Moses.

Im Vergleich zum Alten Orient (da kann man sich bei „AOAT“ informieren), ist der kanaanitäische El im Grunde die Lokalvariante des babylonischen Ea, der auf den sumerischen Enki zurück geht – jenen Enki, den ich aus den sumerischen Mythen um die Erschaffung der Menschen und der Sintflut bereits benannt habe. Der archäologische Befund zeigt daher auch sowas:
Die Abgötterei der Bewohner Judas war keine Abkehr von ihrem früheren Monotheismus, sondern es war ihre herkömmliche Religion seit Jahrhunderten. Die Existenz von "Höhen" und anderen Formen der Verehrung von Ahnen und Haushaltgöttern stellte - entgegen der Anspielungen in den Büchern Könige - keinen Abfall von einem früheren Glauben dar, sondern waren Bestandteil der alten Tradition der judäischen Berglandsbewohner, die JHVH neben einer Vielzahl von Göttern und Göttinnen verehrten. Auch die Priester selbst brachten auf den Höhen Räucheropfer für Sonne, Mond und Sterne dar.

An jedem Siedlungsplatz Judas in der späten Königszeit wurden Hunderte von Figurinen einer nackten Fruchtbarkeitsgöttin gefunden, was die Beliebtheit dieser Verehrung bezeugt.
Innschriften aus dem Nordosten des Sinai (frühes 8. Jhr. v.u.Z.) beziehen sich (wohl) auf die Göttin Aschera als die Gemahlin JHVH´s. Eine ähnlich lautende Innschrift tauchte auch in der späteren Königszeit aus dem Hügelland Judas auf, womit diese Verehrung nicht auf das Nordreich begrenzt war.

Zeitweise galt Aschera in Israel als Ehefrau von JHWH. So fand sich in Kuntillet 'Adschrud ein Vorratskrug aus dem 8. bis 7. Jahrhundert mit folgender Inschrift:
… Ich habe Euch gesegnet durch JHWH und seine Aschera.
Amaryo sprach zu seinem Herrn: …
Ich habe dich gesegnet durch JHWH und seine Aschera.
Er möge dich segnen,
und er möge dich behüten,
und er möge sein mit meinem Herrn
Auf einer Wand in Chirbet el Kom (nahe Hebron) fand sich folgende Inschrift:
Uriyahu, der Reiche, hat dies geschrieben:
Ein Gesegneter ist Uriyahu durch JHWH -
aus seinen Bedrängnissen hat er ihn durch Aschera gerettet.
Durch Onyahu.

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2. sozilogisch
Im soziologischen Betrachtungsrahmen geht es darum, das Religion einer homogenen Glaubensgruppe Sicherheit, Sinn, Ideal, Hoffnung und vorallem IDENTITÄT stiftet.
Der Ägyptologe und Soziologe Jan Assmann schreib dazu in seinem „Exodus“ einiges auf. Im Groben zeigt er auf, das die Bibel (noch immer nur AT) eine eisenzeitliche (also 8. - 5. Jhr. v.u.Z.) Identitätsstiftung ist, um das nicht homogene Volk im Großraum Israel auf eine gemeinsame Orientierung abzustimmen, insbesondere deswegen, um sich gegen assyrische Hegemonie zu wehren.

"Da sich alle Gläubigen in jeweils ihrem Glaube, in ihrer Religion wohl fühlen, gleich, welche spezifischen Merkmale diese Religion hat, muss es etwas anderes als dieses Merkmal sein, was sie zufrieden stellt" Es ist das genetisch verankerte Bedürfnis nach Sicherheit in jedem Menschen, das (auch) durch Religion befriedigt wird.
(Dieter Brandt )

Die Kommunikation als Erhaltungsfunktion der Religion (und des Glaubens) und als "Designer" des diesbezüglichen Sinnsystems, bezieht sich nur scheinbar direkt auf die Umwelt. Tatsächlich aber bezieht sie sich nur auf die von ihr nach ihren eigenen Gesetzen wahrgenommenen inneren Abbildungen der Umwelt, also letztlich auf sich selbst Selbstreferenzialität als Bezeichnung der Fähigkeit jedes lebenden Systems, einen Bezug zu sich selbst in Abgrenzung zur Umwelt herzustellen). (Niklas Luhmann)

Über eine Sprache entsteht eine Einheit, welche durch fixieren eines Kodex (z.B. über Rituale usw.) zu einer größeren, sprachübergreifenden Einheit (Religion) wird. (Harald Haarmann)

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3. tiefenpsychologisch (Stichwort „Offenbarung“)
Der durch die Entdeckung des Unbewussten zustande gekommene neue Typus empirischer Wissenschaft ist die Tiefenpsychologie. Dank der Erschließung der Sprache des Unbewussten - der Bildsprache, in der Träume, Visionen und Wachfantasien sowie die aus diesen entstandenen Mythen kodiert sind - wurde es möglich, die archaischen Gedankengänge - die in "heiligen Schriften" kanonisierte Form des Bemühens um Spiritualität - in unsere heutige Verstehensweise zu übersetzen.
Es ergab sich dabei sogar, dass viele von ihnen - die sog. religiösen Mythen - wahr sind! Zwar nicht physisch wahr, wie man bei der archaischen Weltsicht annahm, sondern psychisch wahr. D.h., dass sie - in einer Bildsprache kodiert - wahre Aussagen über psychische Sachverhalte enthalten.
Seit der Entdeckung des Unbewussten, bzw. der "inneren Wahrnehmung" bezeichnen wir "Offenbartes" als Mythen: als historisch manifest gewordene Gestaltung des Unbewussten. Dabei entstand die Theologie dabei aus der Reflexion über das "Offenbarte".

Da in dem archaischen Weltbild die jenseitigen Wesen und ihre Welt, der diesseitigen Welt und ihren Wesen überlegen war, war der für ihn sicherste Weg die religiöse Haltung. Aus dem kollektiven Bemühen und diese Haltung sind die Religionen hervor gegangen.
Zur Veranschaulichung dessens, was das Selbst dem Ich in einem Traum oder einer Vision mitteilt, wählt es jene Bilder, die dem Visionär durch seine Sozialisation bekannt sind: der christliche Visionär sieht Jesus oder Maria: der Oglala-Sioux sieht über den Wolken heilige Pferde und seine Hauptgottheit, die ihm Bogen und heilige Pfeile überreicht.

"Weil es sich beim innerlich Wahrgenommen um semantisch und syntaktisch gestaltete, in einer Bildsprache codierte Texte handelt, fasst man in der Tiefenpsychologie Wachfantasien, Träume und Visionen unter dem Oberbegriff "Gestaltungen des Unbewussten" zusammen."
"Da es dem archaischen Menschen unmöglich war zu erkennen, dass der spontane Eindruck einer Vision trügt, galten ihm die Berichte der Visionäre als unbezweifelbare Aussagen (...).
Auf Grund solcher Berichte war er überzeugt, das es neben "dieser" Welt noch eine "andere", normalerweise unsichtbare Welt gebe, und das diese von konkreten Wesen bewohnt sei."
Dieser spontane Eindruck vermittelt das Gefühl, man würde ein Geschehen sehen, das sich außerhalb von einem selbst abspielt. Aber dies liegt nur daran, das das Unterbewusstsein die eigentlich innere Wahrnehmung (Bilder als sprachliche Formulierung noch nicht formulierter Sachverhalte) nach außen projiziert.

Der Trugschluß kommt zustande, da Visionen eine ganz außergewöhnliche Erlebnisqualität haben und dabei die Überlegenheit des unbewussten Selbst über das Ich erfahren wird.
Durch dieses "Erleben" mittels Traum und Vision meinte man zu "wissen", das sich die jeweiligen Wesen dem Menschen offenbaren können.
(Willy Obrist: "Der religiöse Indifferentismus")

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