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Radikalaufklärung


Das Zeitalter der Aufklärung kann in zwei ideologische Hauptströmungen, die im späten 17. Jahrhundert aufkamen und das ganze 18. Jahrhundert hindurch fortbestanden, unterschieden werden:

1. die moderate, reformerische Aufklärung, welche die Hauptströmung der Aufklärung bildete (prominente Vertreter: z. B. John Locke, Newton, Montesquieu, David Hume, Voltaire).

2. die revolutionäre, säkularistische Radikalaufklärung (herausragende Vertreter: z. B. Diderot, Helvétius, Paul Henri Thiry d’Holbach, Julien Offray de La Mettrie, Thomas Paine, Marquis de Sade).


Die Radikalaufklärer gingen besonders kämpferisch und subversiv gegen den Pakt von Adel und Klerus vor, verbreiteten umstürzlerisches Gedankengut, so dass ihre Werke nur klandestin (‚heimlich‘, ‚geheim‘) und anonym verbreitet werden konnten. Ihre Werke wurden zensiert, immer wieder verboten und öffentlich verbrannt. Die Radiklaaufklärer riskierten Gefängnisstrafen, Verbannung oder gar den Scheiterhaufen. Aber insbesondere aus dieser radikalaufklärerischen Strömung stammen die geistesgeschichtlichen Grundlagen der Revolutionen des 18. Jahrhunderts.


„Radikalaufklärung meint sowohl eine unnachsichtige Religionskritik, von einem Deismus, der jede Wirkung göttlicher Providenz ablehnt, bis zu Versionen eines militanten Atheismus und eines monistischen, von einer einzigen Substanz ausgehenden Materialismus und Empirismus, als auch und vor allem ein Programm der mehr oder weniger revolutionären Realisierung von Gleichheit und Freiheit in republikanischen beziehungsweise demokratischen Ordnungen, also einer gesellschaftlichen Umwälzung.“
– Herbert Jaumann: Radikalaufklärung


Vordenker der Radikalaufklärung lieferten diese Grundlagen atheistischer Religionskritik. Montaigne relativiert in seinen Essais den Wahrheitsanspruch der Religionen mit dem Argument der zufälligen ethnischen Zugehörigkeit zu einer Religion kraft Geburt und Erziehung


Unter der Hand kursierten Manuskripte, welche die These des Religionsbetrugs propagierten:
- Der lateinische Traktat über die drei Betrüger, De tribus impostoribus, stellt so die drei Religionsstifter Moses, Jesus und Mohammed als Betrüger dar. Die von ihnen reklamierten Offenbarungen seien nur vorgegeben und die von ihnen berichteten Wunder durch Taschenspielertricks erzeugter Schein gewesen.

-Im anonymen französischsprachigen Traktat Traité des trois imposteurs werden die Behauptung eines persönlichen und intelligenten Welturhebers; die Unsterblichkeit der Seele und dass die Welt zweckmäßig für den Menschen erschaffen worden sei abgelehnt

- Der Theophrastus redivivus gilt als das früheste dezidiert atheistische Dokument der Neuzeit. Der Autor kritisiert die gängigen Gottesbeweise, wobei er unter anderem auf das Theodizee-Argument zurückgreift. Er gelangt zu dem Schluss, dass es Gott nicht gibt.

- Das klandestine Manuskript Mémoire des pensées et sentiments de Jean Meslier verbindet die Aufdeckung religiösen Aberglaubens und Betrugs mit der Bloßstellung politischer Autorität und gesellschaftlicher Hierarchien



- Julien Offray de La Mettrie, materialistischer Radikalaufklärer, Atheist, verfasste der Schrift:
« L'homme machine», 1748; dt.: Der Mensch eine Maschine.

- In sieben obszön-erotischen Dialogen versucht der nihilistische Radikal-Aufklärer de Sade, „Nietzsche um hundert Jaher vorwegnehmend, der Moral den Todesstoß zu versetzen“ und legt seine radikal-libertinistische Doktrin dar. Wegen seines Immoralismus und Anti-nomismus wurde der Verfasser wiederholt eingesperrt.







https://de.wikipedia.org/wiki/Radikalaufklärung



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