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Cunctos populos - Wegweiser ins finstere Mittelalter

Im vierten Jahrhundert drohte das Christentum zu zerfallen. Weder Bischof noch Papst hatten vermocht, den Krieg christlicher Konfessionen, die beschämenden religiösen Feindseligkeiten und die gegenseitigen Exilierungen und Verwünschungen unter Kontrolle zu bekommen. (…)
Ab dem Konzil von Nicäa (325) fanden über die folgenden 55 Jahre etliche weitere Konzile statt, die sich alle der Aufgabe verschrieben hatten, das drohende Schisma zu verhindern. Keines dieser Konzile war in der Lage, die Einheit der christlichen Kirche herzustellen oder eine Richtung zur tragenden zu erklären. (Q1)

Um mit einem absoluten Machtergreifungsakt die innerchristlichen Streitigkeiten zu beenden, indem man nur eine einzige der vielen christlichen Gruppierungen zum "wahren Christentum" erklärte, wurde am 28. Februar 380 unter dem ost-römischen Kaiser Theodosius I. und seinen Mitkaisern das Dreikaiseredikt „Cunctos populos“verabschiedet. Es beendete die nominelle Religionsfreiheit und war der wesentliche Schritt, das (römisch-alexandrinische bzw. katholische) Christentum zur Staatsreligion zu machen. Damit wurde der Glaube an die Dreieinigkeit Gottes zur verbindlichen Staatsreligion und alles was davon abweicht, wurde zur Häresie erklärt und erlag in folge den entsprechenden Konsequenzen.
Das Edikt wurde nie aufgehoben, sondern bildete (u.a.) eine Rechtsgrundlage für das im 13. Jahrhundert ins Leben gerufene Amt der Inquisition.

Das "Dreikaiseredikt" des Theodosius I. richtete sich gegen die Mehrheit der Bevölkerung des oströmischen Reiches. Der Anteil der Christen in der Bevölkerung lag bei 5-15%, worin alle christlichen Konfessionen enthalten waren, inklusive den zahlenmäßig starken Arianern (die nicht an die Trinität glaubten). Bis 435 erfolgten weitere 61 Edikte gegen Häretiker und Heiden, 385 wurde das erste Todesurteil gefällt. Enteignung, Verbannung und Berufsverbot bedrohte alle Nichtkatholiken, heidnische Tempel wurden ausgeraubt und zerstört, nichtkatholische Schriften wurden verbrannt.381, ein Jahr nach Cunctos popolus, bestätigten Bischöfe auf einem durch Theodosius I. einberufenem Konzil die Gottgefälligkeit dieses beispielslosen Gesinnungsterrors, womit die Allianz von Katholizismus und Staat bis tief in die Neuzeit abgesichert wurde. Die arianischen Vandalen und Ostgoten wurden als Volksgruppen ausgelöscht, der katholische Alleinwahrheitsanspruch war ein Auslöser der Kolonialzeit und des Indianerholocaust, läutete den 30-jährigen Religionskrieg ein, führte zur Bartholomäusnacht und zementierte den Judenhass und damit verbundene Aggressionen bis in die Neuzeit hinein.

Die katholische Kirche gewann immer mehr an politischer Macht, der die Antike auszeichnende Fernhandel wurde nahezu unterbunden, die Städtekulturen verkümmerten, Foren, Therme, Theater, Straßen, Kanäle und Bibliotheken zerfielen, die Olympischen Spiele wurden 393 verboten, die allgemeine Schulbildung, welche vorher auch den Kindern der Armen geboten wurden, erlag und wurde durch Klosterschulen ersetzt, welche nur wenige Schüler allein auf Glaubensinhalte hin unterrichteten. Das gesamte Kulturleben wurde allein nur auf den Kirchengang reduziert. In Europa brach unter dem schwarzen Schatten der katholischen Kirche das finstere Mittelalter ein.

Der Katholizismus wuchs also nicht durch die Überzeugungskraft seiner Glaubenslehre aus der Gesellschaft heraus, sondern wurde ihr auf kaiserlichen Erlass hin aufgedrückt und durch klerikale Politik gefestigt. Ein Erlass, dessen Auswirkungen Europa 1500 Jahre lang beherrschten und auch heute noch Nachwirkungen zeigen.


Bildquelle:
https://www.bayerische-staatszeitung.de/uploads/pics/SZ-Photo_14059_high.jpg




Quellen:
- Rolf Bergmeier: "Machtkampf. Die Geburt der Staatskirche"
- (Q1) https://hpd.de/node/8817
http://www.giordano-bruno-stiftung.at/?p=2068
https://de.wikipedia.org/wiki/Dreikaiseredikt


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