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70 Jahre "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte"


aus der gbs-Broschüre "Die Menschenrechte":
Die Broschüre "Die Menschenrechte", die u. a. den vollständigen Wortlaut der UN-Menschenrechtserklärung enthält, kann zu Unterrichtszwecken sowie zur politischen Bildungsarbeit ab sofort kostenfrei im Sekretariat der Giordano-Bruno-Stiftung bestellt werden. Auch die Onlineversion der Broschüre steht über die Website der Giordano-Bruno-Stiftung zum freien Download bereit (pdf-Datei, 5,4 MB).



Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie machte klar, dass alle Menschen „frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ sind (Art. 1) – und zwar „ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse*, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand “ (Art. 2). Diese internationale Bekräftigung einer humanistischen, weltbürgerlichen Perspektive war ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit, die zuvor meist in den beschränkten Kategorien der eigenen Familie, des eigenen Stammes, der eigenen Ethnie, der eigenen Religion oder der eigenen Nation gedacht hatte.

Tatsächlich waren die sogenannten „westlichen Werte“ über weite Strecken der Geschichte sogar eher „östliche Werte“ – etwa vom 9. bis 13. Jahrhundert, als die Hochzentren der muslimischen Kultur den Individuen sehr viel größere Freiheiten einräumten als das christliche Europa. Wir sollten daher verstehen, dass die universellen Menschenrechte keine „exklusiven Kulturgüter des Westens“ sind, die dem Rest der Welt in einem „imperialistischen Akt“ aufgezwungen werden, sondern vielmehr Früchte eines „Weltkulturerbes der Menschheit“, das von Männern und Frauen aller Zeiten, aller Kulturen und aller Kontinente hervorgebracht wurde.

Geschichte der Menschenrechte:
Die "Kutha-Legende", die etwa ab der altbabylonischen Zeit (1.Hälfte 2.Jt. v.u.Z.) tradiert wurde, enthält eine "Ermahnung an zukünftige Herrscher", in der bereits dazu aufgerufen wurde, den feinden zu vergeben. (Q2)
Allerdings hat es schon Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende vor der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Personen gegeben, die sich für die Idee der EINEN Menschheit starkgemacht haben. So formulierte etwa der chinesische Philosoph Mo Ti, dem wir die erste Antikriegsschrift der Weltliteratur verdanken, bereits vor 2500 Jahren das Gebot der universellen Menschenliebe.

Der griechische Philosoph Epikur hatte bereits im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung die Idee des Gesellschaftsvertrages entwickelt (die Werte des Zusammenlebens sind nicht vorgegeben, sondern werden unter den Menschen ausgehandelt) und das Glück des Einzelnen als zentralen Maß stab einer menschengerechten Politik bestimmt. Doch es dauerte zwei Jahrtausende, bis diese Ideen politische Wirkung entfalten konnten. Thomas Jefferson, der mehrere Ausgaben des epikureischen Lehrgedichts „Über die Natur der Dinge“ besaß, formulierte die berühmte Präambel der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1776 ganz im Sinne dieser antiken Glücks- und Vertragsphilosophie.

Von Paine stammt die Bezeichnung „Vereinigte Staaten von Amerika“ – und er sorgte 1791 mit seinem Buch „The Rights of Man“ auch dafür, dass der Begriff „Menschenrechte“ international bekannt wurde.

Dass die Menschenrechtsdebatte im 20. Jahrhundert – 150 Jahre nach der Französischen Revolution – wieder aufgegriffen wurde, ist einem Mann zu verdanken, den die meisten wohl nur als Autor berühmter Science-Fiction-Romane wie „Die Zeitmaschine“, „Der Unsichtbare“ oder „Der Krieg der Welten“ kennen: 1939 löste H. G. Wells eine breite internationale Debatte aus, als er sich dafür einsetzte, dass das Ziel der Alliierten im Zweiten Weltkrieg nicht allein
 in der Zerschlagung der Nazi-Diktatur beste hen dürfe, sondern dass es darum gehen müsse, einen internationalen Staaten bund zu etablieren, universelle Menschen rechte zu erklären und diese welt weit durchzusetzen.

Wells‘ unermüdlicher Einsatz für die Menschenrechte inspirierte US-Präsident Franklin D. Roosevelt 1941 zu seiner berühmten „Vier-Freiheiten“-Rede, welche die Grundlage dafür lieferte, dass der Kampf für Menschenrechte tatsächlich zum Kriegsziel erklärt wurde.

Unterstützung erhielt die UN-Menschenrechtskommission vom damaligen Generaldirektor der UNESCO, dem britischen Evolutionsbiologen und Begründer des „evolutionären Humanismus“ Julian Huxley, der einige Jah re zu vor zusammen mit Wells das voluminöse, mehrbändige Werk „The Science of Life“ („Die Wissenschaft des Lebens“) herausgebracht hatte. Huxley kontaktierte Intellektuelle weltweit, um eine universalistische Begründung der Menschenrechte zu ermöglichen, was sich auch in der Präambel der Charta niederschlug.

Am 19. November 1948 besetzten Aktivisten der „Weltbürger-­Bewegung“ die UN-Vollversammlung. Nach der Rede des jugoslawischen UN-Delegierten unterbrach der ehemalige Broadway-Star Garry Davis, der im Mai 1948 seinen amerikanischen Pass abgegeben und als staatenloser „Weltbürger Nr. 1“ auf dem Gelände der UN-Versammlung kampiert hatte, die UN-Sitzung und begann, die sogenannte „ORAN­-Erklärung“ (benannt nach dem Ort aus Albert Camus‘ Roman „Die Pest“) zu verlesen:

»Wir, das Volk, wollen den Frieden, den nur eine Weltregierung geben kann. Die souveränen Staaten, welche Sie vertreten, trennen uns und führen uns zum Abgrund des allumfassenden Krieges. Ich rufe Sie auf, uns nicht länger mit dieser Illusion politischer Autorität zu betrügen. (…) Und wenn Sie uns darin im Stich lassen... treten Sie zur Seite, denn eine Welt­-Volksversammlung wird aus unseren eigenen Reihen entstehen, um eine solche Regierung zu schaffen.«

Die Aktion sorgte weltweit für Schlagzeilen – auch weil Davis vor Ort von den führenden Intellektuellen Frankreichs (u.a. Albert Camus, Jean-Paul Sartre, André Breton) sowie aus der Ferne von Albert Einstein und Albert Schweitzer unterstützt wurde.

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*Anmerkung: Die Menschenrechtscharta von 1948 verwen dete noch den Begriff „Rasse“. Der erste Generaldirektor der UNESCO Julian Huxley sorg te dafür, dass dieser Sprachgebrauch inzwischen weitgehend aufgegeben wurde. Huxley hatte bereits 1935 in einem viel beachteten Text darauf hingewiesen, dass die biologischen Unterschiede unter den Menschen zu gering sind, um von unterschiedlichen „Menschenrassen“ zu sprechen. Stattdessen schlug er den Begriff der „Ethnie“ bzw. der „ethnischen Gruppe“ vor.

Q1: gbs-Broschüre "Die Mebnschenrechte"
Q2: ab Zeile 149: http://altorientale-mythologie.blogspot.com/2018/03/kutha-legende.html

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